Lochkamera

letzte Aktualisierung 04.02.2019

 
 

 

Was ist eine Lochkamera oder auch Camera Obscura? Da stellen wir uns mal ganz dumm ..... ;-)

                  

Es ist ein lichtdichtes Gehäuse, z.B. eine alte Kamera, eine Holzkiste, eine leere Bierdose, ein spezieller Bausatz usw. Es gibt unzählige Varianten, natürlich auch die Kaufversion vom Allerfeinsten. Bestückt werden diese Kameras mit Rollfilm, Planfilm oder auch Fotopapier. Anstatt einer Optik gibt es nur ein winziges Loch. Das Loch ist das Non plus Ultra. Absolut gratfrei, absolut rund in sehr dünnem Material. Man kann eine Wissenschaft daraus machen ;-)  Durch dieses Loch wird ein seitenverkehrtes Bild auf das Aufnahmematerial geworfen. Die Qualität und die Größe des Loches beeinflussen die Bildschärfe (soweit man von Schärfe sprechen kann). Durch dieses sehr kleine Loch kommt natürlich sehr wenig Licht, es muss sehr lange belichtet werden! Also unbedingt ein Stativ benutzen!!!

 

Das zur Einführung. Ich möchte hier keine theoretische Abhandlung erstellen! Dazu bitte unter www.die-lochkamera.de oder auf anderen Seiten im Internet schauen.

 

Ich wollte mich schon lange auf diesem speziellem Gebiet versuchen und hab mir für diesen Zweck eine alte 6x9 Balgenkamera umgebaut. Die gibt es preiswert auf jedem Trödelmarkt. Als zweite Kamera benutze ich meine Pentacon Six, für die ich einen Adapter angefertigt habe. In den Adapter kann ich meine Lochblende (aufgelötet auf einen Messingring) einschrauben. Der große Vorteil der Pentacon Six ist, dass man mit dem Normalobjektiv den Bildausschnitt festlegen kann und dann das Objektiv gegen die Lochblende wechselt. Die Brennweiten passen in etwa überein. Bei der alten Balgenkamera ist der genaue Bildausschnitt schon ein wenig Glückssache.

Bei beiden Kameras funktioniert der Blitzkontakt. Das gibt Raum für neue Möglichkeiten...... (das erste Bild in der Gallerie ist geblitzt!)

 

         

 

 

 

Meine neueste Errungenschaft ist eine 13x18 Kamera für Planfilmkassetten.

Bei dieser Kamera habe ich die Möglichkeit mit Planfilm oder mit Fotopapier zu fotografieren. Aus Kostengründen hab ich mit S/W Fotopapier begonnen.

Man erhält seitenverkehrte Negative die eingescannt werden können. Die Dateien werden am Rechner gespiegelt und zum Positiv umgewandelt. Dort wird das Foto noch "entstaubt" und die Gradation wird angepasst. Die Fotos habe ich nicht geschärft.

Gebrauchte Planfilmkassetten bekommt man im Internet für ca. 15-20 € das Stück. Wenn man Glück hat, sogar noch weniger.

Man hat pro Kassette zwei Blatt Fotopapier (oder Film). Wenn man sich also eine Handvoll Kassetten zulegt, hat man unterwegs keinen Stress mit Papier wechseln.

Die Kamera habe ich so gebaut, dass man 2 zusätzliche Gehäuseteile einfügen kann. So kann man drei verschiedene "Brennweiten" erzielen. Auf dem Foto sieht man eins der Zwischenstücke (schwarz).

 

 

 

 

Wegen einem Bild auf  http://www.pinholeday.org  hatte ich die Idee zu einer neuen Kamera. Diesmal wird ein normaler Kleinbild Film (36 Bilder) SW oder Color auf eine Platte gewickelt. Auf jeder Seite der Platte sind drei Streifen nebeneinander die belichtet werden. Deswegen hat die Kamera zwei Löcher, vorn und hinten. Aus den Objektiven wurden wieder alle optischen Elemente entfernt, es funktioniert nur der Verschluss. Mit der Option, dass geblitzt werden kann........

 

                   

 

 

 

Nun möchte ich noch meinen Senf zur Loch Herstellung dazugeben. Im Internet sind viele Möglichkeiten beschrieben. Vom Durchstechen mit einer Nadel oder Angelsehne bis zum Durchbrennen mittels elektrischem Funken in Alufolie. Ich muss gestehen, ich hab nichts davon probiert und möchte deswegen auch keine Wertung abgeben.

Meine Methode erscheint auf den ersten Blick recht simpel. Ich bohre die Löcher mit einem Bohrer in sehr dünne Messingfolie. Bei einem großen Internet Auktionshaus bekommt man 10 Bohrer mit Durchmesser 0,3 mm für ca. 3 €. Die geschliffene Version kostet das Stück ca. 4 €. Kann ich aber nicht empfehlen. Diese Bohrer sind härter als die anderen und daher noch empfindlicher.

Man nimmt 2 stärkere Stücken Messing (ca. 1 mm stark) und spannt zwischen diese die zu bohrende Folie. Ich nehme dafür zwei kleine Uhrmacherfeilkloben. Nun muss man nur noch ein Loch durch alles zusammen bohren ;-) Leichter gesagt als getan! Leider passt der Bohrer in kein Bohrfutter. Ich verwende eine Bohrvorrichtung vom Feinmechaniker mit der man durch hoch und runter schieben eines Schiebestückes den Bohrer in eine rechts und links Drehung versetzt. Nun ganz vorsichtig drücken und mit viel Geduld (ich brauchte länger als 10 min dafür) und einem Tropfen Oil alles durchbohren. Durch das Zusammenspannen entsteht an unserer Folie kein Grat! Die Folie wird erst nach dem bohren in die endgültige Form gebracht.

Zum Schluss noch mit Spiritus säubern, abpusten, mit Lupe kontrollieren, fertig!

 

 

 

 

Das Licht wird mit einem Handbelichtungsmesser gemessen. Mein Belichtungsmesser zeigt bis Blende 45 an. Da wir uns aber im Bereich von Blende 180 - 510 und noch mehr bewegen (durch diese kleine Blende wird eine sehr große Schärfentiefe erreicht), muss das gemessene Zeit-Blendenverhältnis umgerechnet werden.  Dabei hilft mir ein "Belichtungszeitumrechner". Das gemessene Belichtungsverhältnis wird eingestellt und dann wird bei dem Blendenwert, der zu unserem Loch ermittelt wurde, die Zeit abgelesen.

 

 

 

 

Auf der Seite www.die-lochkamera.de unter "Lochkamera-Rechner" kann man nachschauen welches Loch bei welcher "Brennweite" optimal wäre, und welcher Blende es entsprechen würde. Der Abstand vom Film zum Loch entspricht der "Brennweite" der Kamera.

Bitte beachten, die ermittelte Blende ist ein festes Maß, es muss immer die passende Zeit dazu gefunden werden!

Ab 1 Sekunde Belichtungszeit (bei Film) muss der Schwarzschildfaktor beachtet werden! Dieser kann von Aufnahmematerial zu Aufnahmematerial unterschiedlich sein.

 

Beispiel für Schwarzschildfaktor passend für Ilford XP2 super  

 

gemessene Belichtungszeit

 

Verlängerungsfaktor

 

bis 1 Sekunde

0

bis 5 Sekunden

1,5

bis 15 Sekunden

2

bis 2 Minuten

4

bis 6 Minuten

6

bis 30 Minuten

8

bis 60 Minuten

10

 

 

Zur Veranschaulichung: Wir nehmen an, unsere Lochkamera hat eine Blende von 180. Wenn bei einem herkömmlichen Fotoapparat mit einer Belichtungskombination 1/125 s  bei Blende 2,8 fotografiert werden könnte, dann würde das Belichtungsverhältnis bei der Lochkamera  (bei gleicher Filmempfindlichkeit)  30s  bei Blende 180 sein. Beispielkombination siehe Foto vom Blendenrechner. Bei einer Verschlusszeit von 30s würde sich die Verschlusszeit durch den Schwarzschildfaktor etwa vervierfachen.

Also wird das Foto mit 2 min bei Blende 180 aufgenommen!

 

 

Die Aufnahmen mit den Rollfilmkameras wurden auf Ilford XP2 super gemacht (ISO 400). Das ist ein S/W Film der im Color Prozess entwickelt wird, der relativ feinkörnig ist und durch seine Empfindlichkeit halbwegs akzeptable Belichtungszeiten zulässt. Außerdem besitzt dieser Film einen großen Belichtungsspielraum. Von ISO 50-800. Optimale Ergebnisse bei ISO 200-400. Da ich keinen Filmscanner für das große Format besitze, musste ein Flachbildscanner mit Durchlichteinheit herhalten. Leider nicht die erste Wahl.... 

 

Dieses Problem ist bei der 13x18 Kamera mit Fotopapier behoben. Man hat gute Vorlagen zum einscannen.

Als Fotopapier verwende ich "Work" spezial von Tetenal. Es hat laut Tetenal eine Empfindlichkeit nach ISO von P400. Achtung, diese Empfindlichkeit kann man nicht mit der gebräuchlichen Filmempfindlichkeit vergleichen! Es entspricht vielmehr einer Filmempfindlichkeit von ISO 5. Ich bin in der glücklichen Lage einen Belichtungsmesser zu besitzen, an dem man diese Empfindlichkeit einstellen kann.

Tetenal konnte mir leider noch keine Werte für den Schwarzschildfaktor nennen. Nach meinen jetzigen Erfahrungen kann man aber den Schwarzschildfaktor bis ca. eine 3/4 Stunde Belichtungszeit vernachlässigen. Viel länger möchte ich für ein Foto auch nicht in der Gegend rum sitzen ;-) Mit Fotopapier bestückt ist die Kamera eher für schönes Wetter gedacht!

 

Zur Info: Das S/W Fotopapier ist wenig rot und wenig grün empfindlich. (Das sind die Farben der Dunkelkammerbeleuchtung) Es gibt also keine Graustufenumwandlung wie beim Film! Rot und grün werden im Positiv dunkler als üblich wiedergegeben.

 

Im Internet gibt es auch schöne Bildbeispiele, die auf Kleinbildfilm gemacht wurden! Nicht zu vergessen die Versuche mit digitalen Spiegelreflexkameras.

Siehe bei Zur Person/Links.     Nur Mut zum Versuch!

 

                                           

 

Und wer sich schon probiert hat oder noch probieren möchte...... Am letzten Sonntag im April jeden Jahres (2019 am 28.April) ist der Tag der Lochkammera Fotografie.

Siehe hier:   http://www.pinholeday.org